Zwölf Zoll-Rad oder: Warum du – lieber Zweiradmechaniker – es verpasst hast der Held meines Sohnes zu werden!

Ich kaufe vieles gebraucht, vor allem bei Spielzeug das, sagen wir mal, häufig schnell Kratzer abbekommt, da sehe ich es nicht ein exorbitante Neupreise zu zahlen. Ausgenommen Geburtstage oder Weihnachten, da kann man etwas besser im Vorfeld nach Angeboten schauen.
Nun wollte der Lütte gern Zweiradfahren lernen, aber die beiden Räder die wir noch haben von der Verwandtschaft sind entweder viel zu klein oder viel zu groß. Und da alle größer sind als er wollte er genauso Radfahren lernen wie sie. O.K. – Smartphone gezückt, zwei Tage später ein Schnäppchen bei Kleinanzeigen geschossen und sofort abgeholt. Da der Papa es allein abgeholt hat konnte er es nicht testen, zwei Meter auf Zwölf Zoll – ausgeschlossen. Er hatte schon seine Zweifel ob des Zustands, aber wir waren uns einig, dass wir es zum Zweiradmechaniker bringen werden, soviel kann die Überholung ja nicht kosten. Rahmen und alles ist intakt, nur die Kette ist etwas schwergängig gelaufen. Also brachte mein Mann es nach einigen Testrunden auf dem Hof zum Zweiradmechaniker, in der Woche vor Christi Himmelfahrt – oder auch Männertag. Vereinbart sind Zwanzig Euro oder er ruft an und sagt was noch an Material fällig ist. [Weiterlesen …]
Am Dienstag darauf wollte ich es feierlich mit meinem Sohn abholen. Welch Desaster das würde, hätte ich nicht geglaubt. Ich lasse also das Baby bei Papa, fahre den Zwerg in der Stadt aus der Kita holen und in den Laden des Zweiradexperten. Als ich meinen Zettel vorzeige verdreht der Azubi schon die Augen und meint: „Na da hätten Se lieber bei uns was Richtiges kaufen können, wir haben auch gebrauchte Kinderräder ab 80 Euro. Das Ding ist noch nicht fertig, der Chef will mal mit ihrem Mann reden.“ Tief durchatmen: „Mein Mann ist daheim mit dem Baby und wir können das auch klären.“ (gedacht: „Hallo 21. Jahrhundert???!!! Fresse du Sack!) …aber mein Zwerg stand neben mir also Containance. Wir werden in den Hinterhof geführt. Der Kleine drückt sich an mich. Dort liegt sein Rad, in Einzelteilen unter anderen Schrotträdern. Ich bekomme Schnappatmung. Dann kommt der Chef, ein alter Mann – kurz vor der Rente oder vielleicht auch schon drüber. Er erklärt mir zum wiederholten Male, dass ich Schrott gekauft habe, er hätte auch Räder für „den da“ und meint wohl meinen Sohn. Ich frage wo das Problem liegt, er sagt, na da müssen Sie schon mehr investieren. Ich sehe Tränen in den Augen meines Sohnes, der auch nicht versteht, warum mich dieser Typ immer mehr angiftet. Wäre ich allein ohne Kind, ich könnte kontern. *Wuuuuusaaaaa* denke ich. Er lässt das Fahrrad vor meine Füße fallen, ich frage, was mich das nun kosten wird, wenn er das repariert. Er sagt, da sei kaum was zu retten, aber „so 40 Euro, mindestens 30, schauen Se mal das Ding und das Ding und das…“ Ich sage, dass ich keine Ahnung habe und er mir einen festen Preis nennen soll. Er meint, ich könne es auch wieder mitnehmen so wie es ist. *Wuuuuuuuusaaaaaaaaa* „Wenn ich es mitnehme, dann so wie es abgegeben wurde!“ „Dann müssen Se warten!“ „Ich kann nicht lange warten, mein Baby daheim braucht mich, Sie hätten anrufen können um das alles im Vorfeld zu klären und werden Sie bitte nicht ausfallend vor dem Kind.“ „Dann nehmen Se das Ding mit. Sie haben angefangen.“ und geht…. Lässt mich stehen mit meinem Sohn, in seinem beschissenen Hinterhof, mit einem zerlegten Rad. Der kleine weint natürlich bittere Tränen, ich versuche zu erklären, dass die Männer es nicht geschafft haben und wir die hoffentlich zusammengebauten Einzelteile später abholen werden. Ich fluche innerlich. Und vertraue auf das Karma. Dann kommt nochmal der Typ vom Beginn. Ich tröste und umarme den Zwerg. Er: „Naja wolln Se nicht wenigstens die Einzelteile mitnehmen, bei uns können Se ab 80 Euro gebrauchte kaufen!“. Ich verneine mal wieder und frage mich ob die alle noch ganz glatt denken. Ernsthaft. Wie reden über ein Zwölf-Zoll-Kinderrad. Eins zum auf dem Hof und im Dorf rumradeln, zig mal fallen lassen und anschlarzen. Nicht über ein Rad für die Tour-De-France für bald Dreijährige. Was soll denn so ein Rad bitte kosten? O.K. – es braucht wohl eine neue Kette und ein neues Ding (Ritzel???) wo die Kette drauf muss… Materialkosten plus Arbeitskosten 20 – maximal 30 Euro. Ich bin selbstständig, ich weiß, dass man als Fachkraft dafür keine 30 Minuten braucht. Du hast eine Werkstatt und das Rad angenommen – also mach deinen Job und repariere das Ding bitte.

Lieber Zweiradmechaniker: Du hast mich vor meinem Sohn angeschnauzt! Du hast sein Rad in Einzelteilen achtlos im Hof rumliegen lassen. Du hast ihn nicht mal angesehen, als du mir für ihn, von dir etwas verkaufen wolltest. Vielleicht war dein Tag bis dahin nicht so voller Umsatz. Du hast mindestens drei Angestellte habe ich gesehen, die wollen alle ihr Geld, ich kann verstehen dass du Umsatz machen willst. Ich wollte aber nur etwas repariert bekommen. Ich gebe nicht über 100 Euro für ein neues Kinderrad aus. Auch keine 80 für ein Gebrauchtes. Ich wollte unser kleines Rad nur reparieren lassen. Dass du, chauvinistisch wie man es in deiner Generation vielleicht noch ist, nur mit meinem Mann reden wolltest – geschenkt. Darüber kann ich bei Menschen wie dir hinwegsehen. Dass du aber meinen Sohn zum Weinen bringst indem du mich anschnauzt vor ihm und sein kleines Rad als Müll oder Schrott bezeichnest („DER DA“ ist übrigens fast drei und versteht hervorragend was du redest!), dass lieber Zweiradmechaniker kurz vor oder nach der Rente, das nehme ich dir verdammt übel. Du hättest an diesem Tag sein Held werden können! Leider hast du deine Chance verpasst.

By the way: Ich wollte mir eventuell ein Elektro-Rad kaufen und so einen protzigen super Chariot-Anhänger – bei uns auf dem Land gibt es viele Berge und zu unserem Kaff einen super Berg, den ich mit zwei größer werdenden Kindern niemals ohne Zusatzpower oder Schieben schaffe …aber den kauf ich dann lieber woanders! *inyourface* Irgendwo da, wo Kinder nett behandelt werden und Frauen auch und Menschen im Allgemeinen! Ich gebe dir noch einen letzten Tipp: Hat dir noch niemand erklärt, dass man die Herzen (und damit die Kaufkraft der Eltern) bekommt, in dem man nett zu den Kindern ist? Nein? Schade! Aber nicht länger mein Problem. Ich lass unser kleines Rad im nächsten Laden reparieren. Da gibt’s übrigens auch Gummibärchen für kleine Kunden!

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