…so lautet meine Antwort auf den Text von Franziska, der auf BrigitteMOM erschienen ist. Kurze Zusammenfassung: Franziska hat sich entschieden ihr Kind nicht zu stillen und sie zählt dafür einige Gründe auf. Die Kommentarspalte wird immer länger unter dem Artikel und auch unter dem dazugehörigen Facebook-Post.
Liebe Autorin, liebe Franziska – für mich ist deine Entscheidung völlig ok. Dein Kind deine Entscheidung. Was ich allerdings schade finde, sind die Fehlinformationen in deinem Text zum Stillen – und diese würde ich gern einfach klar stellen.
Du nennst die Stillenden recht abfällig Still-Lobbyisten – das erklärt sich mir immer wieder nicht: Stillen ist die natürliche Ernährungsform für Säuglinge – da braucht es keine Lobby. Wer sein Kind nicht stillt schafft es heute in der westlichen Welt locker zu sauberem und klarem Wasser zur Zurbereitung von Milchpulver für Flaschenmilch und kann so ein Baby mit Ersatznahrung auch groß bekommen. Nicht mehr und nicht weniger. (Dieses Privileg hat ein Großteil der Weltbevölkerung nicht, da ist das „Nicht-Stillen“ durchaus mit Risikos verbunden: Unsauberes Wasser, verunreinigtes Flaschenpulver oder zu wenig Geld um genug Ersatznahrung für das Baby kaufen zu können aufgrund von Armut, um nur einige wenige zu nennen.)
Du scheinst dich irgendwie rechtfertigen zu müssen, du würdest dein Kind auch liebevoll füttern. Ohne Zweifel. Ein Baby kann sehr friedvoll und gebunden auch mit der Flasche gefüttert werden. Nähe ist auch da gegeben. Du schreibst weiter, dass der Vorteil der Flaschennahrung darin bestehe, dass auch der Vater eine Bindung zum Kind aufbauen könne. Bitte sag mir doch einfach aus welchen Gründen das Väter von gestillten Kindern denn nicht können sollen? Das erschließt sich mir auch nicht. Die kuscheln, tragen und herzen die Kleinen doch genauso und haben ihre Wege das Baby zu beruhigen. Das hat nun wirklich nichts mit der Ernährungsform zu tun, ob ein Vater eine Beziehung und Bindung zum Nachwuchs aufbauen kann.
Du schreibst weiter, dass Stillen und Arbeiten sich nicht vereinbaren lassen würde. Du hast nach sechs Monaten angefangen zu arbeiten und keinen Abstillkampf gehabt. Hier merkt man, dass du einfach keine Ahnung vom Stillen hast (was nicht schlimm ist, ich habe keine vom Flasche geben). Aber lass mich dir gern verraten: Ich habe nach meinen beiden Kindern einmal nach acht Wochen wieder gearbeitet und nach zehn Wochen wieder los gelegt. Ich stille jetzt 36 Monate insgesamt, unterbrochen von knapp fünf Monaten in der Schwangerschaft wo ich nicht stillte. Im ersten Trimester, schwanger mit dem Milchmädchen, habe ich mein großes Kind noch gestillt. Ach und gearbeitet. Ich hatte die Kinder dabei oder sie waren beim Vater. Oder der Vater war mit den Kindern mit auf Dienstreise. Meine Kinder haben nie eine Flasche bekommen. (Obwohl halt: Das Milchmädchen drei Mal, da wurde mir die Gallenblase entfernt acht Wochen nach der Entbindung – und sowie ich wach war habe ich mein Kind gestillt – das geht, denn für fast jedes Leiden gibt es stillfreundliche Medikamente. Hier können sich Ärzte und Ärztinnen auf www.embryotox.de beraten lassen, und Stillende auf www.reprotox.de )
Aber zurück zum Thema Stillen und Arbeiten. Auch hier gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten dies entspannt und ohne Stress zu vereinbaren (sofern Mutter und Kind das wollen). Beratung findet man bei den Stillorganisationen, auf der Facebook Seite „Stillen bei Erwerbstätigkeit“ oder in der Facebook Gruppe Stillen und Arbeiten.
Leider verbreitest du auch den Irrglauben, Stillende müssen auf ihre Ernähung besonders achten, sonst bekommt das Kind Blähungen oder Krämpfe. Muttermilch wird aus Blut gebildet. Nahrungsmittel werden im Verdauungstrakt gespalten. Das Einzige was wirklich ins Blut geht, sind Alkohol, Drogen und Medikamente. Und Alkohol, in moderaten Maßen ab der Beikostreife des Kindes (soll heißen mal ein Glas Wein und mal ein Glas Bier oder so) stellt für das (bekostreife) und nicht mehr vollgestillte Kind kein Problem dar. Auch hierzu können StilberaterInnen beraten, ebenso wie zum Thema Abstillen. Das muss kein Krampf sein. Manche Kinder stillen sich irgendwann einfach so ab – ohne jemals eine Träne zu vergießen. Die einen früher die anderen später – und alles ist ok.
Dass Stillen Allergien vorbeugt ist ein medizinisch bewiesener Fakt. Ob das nun bei dir und deinem Kind wichtig war oder nicht, dass kannst du (jetzt noch) nicht festellen. Du bist noch jung und ich wünsche dir noch lange gesund zu bleiben – aber bitte verusch nicht mit deinem Einzelfall die Wissenschaft infrage zu stellen und die vielen Studien zum Thema. Die WHO empfielt das ausschließliche Stillen bis zum sechsten Lebensmonat und danach unter Einführung von geeigneter Beikost weiter zu stillen bis zum zweiten Lebensjahr und darüber hinaus, solange Mutter und Kind das wollen.
Ein letzter Punkt noch: Mein Mann und ich gehen Abends nicht allein essen. Das machen wir nicht, weil immer einer bei unseren kleinen Kindern ist, die gerade drei und ein Jahr sind. Weil sie uns abends brauchen, weil sie es so kennen, dass immer einer von uns da ist. Der Große könnte natürlich schon allein bleiben und die Kleine im Notfall auch (sie schläft ja auch ohne Milch in der KiTa seit sie ein Jahr ist), aber das ist für alle Stress Abends und da bleiben wir voerst immer noch einzeln bei ihr. Das hat aber mit der Ernähurngsform und dem Stillen nichts zu tun – das ist eine Entscheidung, die nur unsere Familie betrifft. Genauso wie du eben dein Kind in liebevolle Hänge abgibst, um mit deinem Mann essen zu gehen – ich hoffe es hat geschmeckt und ihr konntet die Zeit genießen. Für uns kommt das eben einfach nur gerade nicht infrage – deswegen würde ich dich aber nicht veurteilen oder (vermeintlich besser wissend) belächeln.
Stillen kann frau machen oder sie entscheidet sich dagegen. Nicht mehr und nicht weniger. Und jeder Weg ist ok. Er sollte nur informiert und ohne Vorurteile gegangen werden.
Liebe Grüße,
Birgit (stillende, feiernde, arbeitende Mutter aus der Provinz 😉 )
P.S.: Aus meinen Mutti-Kreisen kenne ich auch einige „Flaschenkinder“ die nachts alle zwei Stunden Hunger haben und Stillkinder die durchschlafen – das hat nichts mit der Ernährungsform zu tun – sondern ist schlicht von Kind zu Kind individuell. Ebenso wie das Stress-Level einer Mutter: Eine Mutter (oder Vater) ist erschöpft weil sie sich um ihr Kind kümmern – weil Kinder Kraft kosten. Das hat doch aber wirklich nichts mit der Form der Ernährung zu tun und damit, ob das Kind gestillt wird oder nicht. Wenn Eltern ausgezehrt oder müde sind, dann mangels Schlaf, weil das Baby gerade krasse Dinge lernt, das Kleinkind sich enorm entwickelt oder einfach gerade ein stressiger (Arbeits-) Alltag das Leben auf die Probe stellt – Ich verstehe wirklich nicht, aus welchen Gründen du glaubst, Müdigkeit und Co liesen sich nur auf das Stillen zurückfühen?