Coronaeltern – Wir sind schon wieder am Arsch!

Coronaeltern

ja – es passiert schon wieder: Wir sind am Arsch. Wir Coronaeltern sind doch längst schon wieder im Lockdown-Modus. Nicht freiwillig, nicht selbst gewählt aber längst wieder auf dem Weg dahin. Es folgt ein Rant über freiwillig ungeimpfte Menschen (ja auch Eltern!) und die Auswirkungen ihrer Nicht-Impfung auf mein Leben als Mutter von 3 Kindern unter 12 Jahren ohne vollständigen Impfschutz.

Hä – wieso sind Coronaeltern schon wieder am Arsch?

Klar kann man sich das fragen. Die Schulen sind offen, die KiTas auch – alles tutti oder was?! Mitnichten! Die Schulen sind nicht sicher, die KiTas ohne Testangebote sowieso nicht. Die Inzidenzen unter den Kindern sehr hoch. Zur Erinnerung: Anfang des Jahres sah die Bundesnotbremse vor die Schulen ab einer Inzidenz von 165 zu schließen. In Thüringen war es vom Kultusministerium ab 200 empfohlen. Warum hier Unterschied waren habe ich damals schon nicht verstanden – noch weniger, dass es für die Schließung ab 200 keine Verbindlichkeiten gab – meine Kinder hatten offene Einrichtungen auch bei Inzidenzen um die 340 – was zur Folge hatte, dass wir ohne formale Schließung keine Zugriffe hatten auf Entschädigungen aus dem Infektionsschutzgesetz obwohl wir zu diesem Zeitpunkt längst alle 3 Kinder daheim betreut haben. Für die Friederich-Ebert Stiftung Thüringen habe ich mich dazu an einem Filmprojekt beteiligt. „Aller Hoffnung fern? Bildungs- und Familienpolitik in der Pandemie“ Der Film dauert 19 Minuten und ich spoilere mal mein Fazit – Stand Oktober 2021 – Für Familien ist die Pandemie noch nicht vorbei. Für Kinder ist sie nicht vorbei.

Was ist jetzt aktuell im November 2021 das Problem?

Nun ein Schwank aus der letzten Woche. In der KiTa-Gruppe eines meiner Kinder gibt es einen Coronafall, die ganze Gruppe muss in Quarantäne. Mein Kind nicht, ich hatte es bereits vorher raus genommen. Ich kann es aber auch gerade nicht zurück schicken – es ist ja keiner da der es betreuen kann. Personalmangel, Krankenstand, Quarantäne – all das zur Zeit unabwägbare Unsicherheiten im Alltag von Coronaeltern. Verkürzte Öffnungszeiten, weil die Träger die Hygienevorgaben umsetzen müssen. Durch strikte Zuweisung von Gruppen ist ein Austausch der Erzieher*innen nicht möglich. Für uns heißt das knapp 2,5 Stunden weniger Betreuungsumfang. Öffnungszeit acht Stunden. Wie ich mit Pendeln und gesetzlichen Pausen so selbst Vollzeitarbeiten soll ist mir ein Rätsel. Meine Frage an das Ministerium für Bildung wer jetzt meine Kosten trägt und wo der Mehrwehrwert im Infektionsschutz bei reduzierten Öffnungszeiten liegt: allesamt unbeantwortet.

Mehrkosten für die Kinder für private Antigentests, FFP2-Masken und finanzielle Einbußen wenn Eltern nicht gemäß ihren Verträgen arbeiten können: Individuelle Prolbeme von Eltern. Die Gesellschaft individualisiert die Pandemie und den Schutz vor dem Virus statt diese Herausforderungen kollektiv für alle Kinder und Familien gleichermaßen gut zu lösen. Eine linke Bildungs- und Gesundheitspolitik in Thüringen habe ich mir solidarischer vorgestellt. Wäre sie sozial und solidartisch würden die Mittel allen Familien gleichermaßen zur Verfügung gestellt. Verteilt über die Schulen. Dass dort noch immer Kinder mit Stoffmasken sitzen finde ich absolut skandalös. Das ist Aufgabe der Solidargemeinschaft alle Kinder mit gleich sicherem Schutzmaterial auszustatten und das nicht von der Einsichtigkeit oder Weitsichtigkeit oder dem Einkommen der Eltern abhängig zu machen.

Tja Coronaeltern, und nun?

Wir reduzieren wieder alles was uns lieb gewonnen war: Kein Training oder Sport für die Eltern, teilweise nicht für die Kinder. Es fehlt die Zeit weil wir sonst die Arbeitszeit nicht schaffen. Liebgemeinte Vorschläge sich doch von den Großeltern unterstützen zu lassen sind vor allem schmerzhaft, wenn da keine Großeltern im Alltag sind die helfen können (selbst wenn sie wollten, sie wohnen zu weit weg!). Ich habe geweint als fest stand, dass ich nicht mehr zum Sport und zum Training kann weil wir die Quadratur des Kreises erneut vollbringen müssen. Das sehen aber andere nicht. Wir haben so einen Winter schon einmal durch. Eltern, Kinder, Jugendliche bleiben mit ihren Bedürfnissen wieder völlig auf der Strecke. Familien sind wieder am Arsch.

Was mich jetzt so aufregt?

Alle Menschen die freiwillig ungeimpft sind und diese Mehrbelastung für die Gesellschaft inkauf nehmen. Alle Menschen, die nicht verstehen dass ihre bewusste „Nicht-Impfung“ einen Teil zur Situation der Krankenhäuser beiträgt. Mich regt nicht auf, dass der Träger den Infektionsschutz umsetzt. Darüber bin ich dankbar. Genauso wie über Tests in den Schulen. Ich wünsche sie mir sehr noch für die KiTas. Ich bin stinksauer wenn Menschen von Spaltung der Gesellschaft sprechen und nicht mehrken, das 2G, 3G Plus usw. aufgrund der bewusst Ungeimpften überhaupt erst notwendig sind. In einem Bio-Markt in Erfiurt steht so ein Schild sinngemäß: „Spaltung verhindern und zusammenhalten!“. Im Ernst: Warum soll ich mit bewusst Ungeimpften zusammenhalten? Warum? Nehmen diese Menschen Rücksicht auf meine Einschränkungen? Wer Spaltung schreit, darf bei sich selbst anfangen mit der Frage: Habe ich meinen Beitrag geleistet? (Und nein: Ein durch die Solidargemeinschaft finanzierter wöchentlicher Test ist kein Beitrag! Den leiste ich als Geimpfte auch. Mehrfach.)

Ich habe meinen Beitrag zur Solidarität geleistet.

Als 3fach Geimpfte kann ich trotzdem nicht am Sport teilnehmen weil ich keine Zeit habe, weil es sinnvoll ist Kontakte zu reduzieren und weil mein Alltag so eingeschränkt ist wegen diesen bewusst Ungeimpften. Deren Nicht-Handeln schränkt doch längst wieder mein Leben ein! Selbst wenn ich einen Autounfall hätte: Es wäre kein Bett frei. Die Ärzt*innen müssen priorisieren wer welche Intensivbehandlung bekommt: Der akute Herzinfarkt oder Schlaganfall oder die ungeimpfte 40 Jährige mit 2 Kindern? Operationen werden verschoben. Das kann selbst bei „Kleinigkeiten“ wie der Entfernung einer Gallenblase im Wochenbett gefährlich werden, wenn sich Gallensteine im Gallengang festsetzen und zu Leber- und Bauspeicheldrüsenentzüdung führen. Das kann lebensbedrohlich enden. Und dann? Priorisieren, wer bekommt mit welcher Prognose welche Behandlung. Ja, genau hier irgendwo beginnt die Triage. Und das hat Kontaktbeschränkungen zur Folge. In der KiTa (Gruppentrennung) und bald auch wieder im Alltag aller Menschen, nicht nur von Coronaeltern und ihren Familien.

Besonders ärgern mich darunter übrigens die Eltern, die mit zur Kategorie „bewusst Ungeimpft“ gehören. Die über die Einschränkungen in der KiTa jammern und ihren eigenen f*cking Beitrag nicht leisten wollen. Die haben trotzdem Anspruch auf Entschädigung wenn die KiTa wegen ihrem eigenen unsolidarischen Verhalten geschlossen wird. Ich übrigens nicht, denn ich habe keinen Zugriff auf Kinderkrankengeld und damit auch nicht auf die Extra-Krankengeldtage.

Alles was ich machen kann ist: Impfen, Kontakte reduzieren, Hobbys an den Nagel hängen um erwerbsarbeiten irgendwie vereinbaren zu können.

Wo das alles noch hinführt?

Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, wenn ihre Freiheit meint frei von jeder Verwantwortung [für ihre Mitmenschen] zu sein, dann ist das nicht meine Freiheit. Das ist für mich verantwortungslos. Diese Menschen wollen verantwortunglos sein. Und diese Verantwortungslosigkeit schränkt meine Freiheit ein. Unser aller. Egal ob Coronaeltern oder nicht. Alle G-irgendwas Regelungen sind notwendig wegen hoher Inzidenzen, wegen hoher Hospitalisierungen der mehrheitlich Ungeimpften. Fakt.

Meine Vorschläge?

Ich wäre dafür mehr Impfanreize zu schafffen. Dazu gehört für mich die Abschaffung des „Genesen-Status“. Wer ab sofort ungeimpft genesen ist hatte die Möglichkeit zur Impfung und hat sich bewusst dagegen entschiedem. Dieser Mensch hat sich bewusst entschieden ein individuelles und ein gesellschaftliches Risiko (Überlastung Kliniken bei schwewrem Verlauf, höhere Ansteckungsrate auch für Mitmenschen) inkauf zu nehmen. Das ist unsolidarisch und darf nicht „belohnt“ werden. Daher muss nach der Genesung für mich der gleiche Status gelten wie vorher. Wir brauchen Impf-Anreize und keine Anreize zur Infektion (Stichwort: Coronapartys um 2G Plus am Arbeitsplatz zu entgehen). Weiterhin plädiere ich dafür, dass 2G „geimpft und getestet“ bedeutet. Das würde den aktuellen Erkenntnissen zur Verbreitung des Virus gerecht werden.

Meine Erkenntnis:

Meine Solidarität ist endlich. Sie hört da auf, wo bewusst ungeimpfte Menschen mehr Freiheiten haben als ich. Wo ihr Alltag unberührter bleibt als meiner. Ich habe meinen Beitrag geleistet und werde es weiterhin machen. Ich bin 3 fach geimpft, reduziere meine Kontakte, betreue sofern machbar die Kinder wieder daheim (ja das kostet mich Nerven und viel Kraft, wir haben das schon 8,5 Monate durch seit März 2020 – siehe: „Über die Realität unsere Corona-Co-Working-Space als Coronaeltern„). FFP2-Maske trage ich konsequent im Kontakt mit Menschen. Und trotzdem wird mein Leben wieder eingeschränkt. Weil ich Mutter von 3 u12 Kindern bin. Weil die Gesellschaft lieber das Leben von Familien einschränkt (weil Coronaeltern keine Zeit haben zu revoltieren weil sie ihren Alltag stemmen müssen) als mehr Impfanreize oder eine Impfpflicht zu setzen.

Ein letzter Appell an Coronaeltern und alle anderen Menschen:

Es ist nie zu spät zur Impfung. Impft euch bitte! Boostert euch! Termine in Thüringen hier lang. Und hört auf von Spaltung der Gesellschaft zu schwadronieren. Leistet euren Beitrag und haltet eure Mitmenschen an es euch gleich zu tun – wir kommen da nur zusammen raus. Achso und wenn ihr könnt: Impft eure Kinder.

 

Kommentare willkommen. Sachlich und konstruktiv kritisch.

 

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3 Kommentare

  1. Stimme dir in allen Punkten voll und ganz zu! Es ist doch einfach grausam, wenn Eltern (die die Chance hatten sich impfen zu lassen und das bewusst nicht getan haben) bewusst ihre Kinder einer langwierigen Gefahr aussetzen. Und beinahe noch schlimmer ist die Tatsache, dass die Politiker aus dem letzten Pandemie-Schulwinter NICHTS gelernt haben. Bei neuen, aggressiven Mutanten auf geöffnete Schulen und Kitas zu pochen, deren Infektionsgefahr wider aller wissenschaftlicher Erkenntnis herunterspielen und letztlich „geöffnete Fenster“ bei beinahe Minusgraden (im heimischen NRW zumindest) für die beste Lösung halten, um Infektionen zu verhindern. Ich sehe da sowas von rabenschwarz. Aber Hauptsache der Wirtschaft gehts gut und den Queridioten nicht vor den Kopf stoßen wollen.

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